
06. Juli 2020 - 11:13
Im gleichen Atemzug wie Max Kobelt muss sein zwei Jahre jüngerer Bruder Ruedi genannt werden, der es ebenfalls auf fünf Kränze von eidgenössischer Prägung brachte. Durch ihn fand der heutige Rentner auch den Zugang zum Schwingsport. «Bis im Alter von 18 Jahren wandte ich mich dem Kunstturnen zu, sah aber in diesem Sport keine Perspektiven. Später wagte ich als Zehnkämpfer auch einen Abstecher zur Leichtathletik, brach aber auch diesen ab.»
Dass er letztlich beim Schwingen landete, war fast nahe liegend. «Neben den Überredungskünsten meines Bruders gab auch der in unmittelbarer Nähe meines Elternhauses liegende Schwingkeller den Ausschlag.» Bereut hat Max Kobelt den ungewöhnlichen Verlauf seiner Sportlerlaufbahn nie. «Ich konnte von den andern Sportarten nur profitieren.» Der Prototyp eines Turnerschwingers zeichnete sich in seiner Sportlerlaufbahn durch grosse Belastbarkeit und Flexibilät aus. So trat er bei annähernd 40 erkämpften Kränzen mit Erfolg auch in den verwandten Sportarten Nationalturnen und Ringen in Erscheinung. Absolutes Highlight blieb dabei sein Sieg am Eidgenössischen Turnfest 1972 in Aarau in der Sparte Nationalturnen.
Grosse Vielseitigkeit
Die Vielseitigkeit kam bei Max Kobelt auch im Berufsleben zum Tragen. Er liess sich in der Textilbranche zum Wickler ausbilden, sattelte nachher auf Chauffeur um und fand zuletzt bis zu seiner Pensionierung in einer Bank eine abwechslungsreiche Beschäftigung.
Von Vielfalt geprägt waren aber auch die praktizierten Schwünge im Schwingen. Besonders beherrschte er Brienzer und Kopfgriff. Er kreierte auch eigene Schwünge. Klasse war seine Bodenarbeit. «Diesbezüglich profitierte ich von meinen Einsätzen im Ringen.» Auf einen Nenner gebracht: Punkto Technik bewegten sich Max Kobelt wie auch sein Bruder Ruedi in den Sechziger- und Siebzigerjahren auf einem hohen Niveau. Eine weitere Stärke der Gebrüder Kobelt blieb deren gute konditionelle Verfassung. «Diese und die durch andere ausgeübte Sportarten angeeignete Schnelligkeit zahlten sich positiv aus», bemerkt Max Kobelt. Eigentliche Schwächen kannte der Rheintaler nicht. «Mit meinem seinerzeitigen Wettkampfgewicht von um die 85 Kilo musste ich mich einzig davor hüten, gegen übermächtige Gegner nicht unter die Räder zu kommen.»
An Eidgenössischen in Bestform
Trotz seinem grossen Können resultierten für Max Kobelt neben 17 Klassierungen in den Rängen zwei und drei «nur» drei Kranzfestiege. 1974 in der allerletzten Wettkampfsaison gewann er im zwölften Anlauf in Näfels das Nordostschweizerische, zwei Jahre zuvor ging der Modellathlet als Sieger des Appenzeller Verbandsfestes und des St. Galler Kantonalen in Marbach hervor. «Dieser an meinem Wohnort zu Stande gekommene Erfolg war ein besonderer Aufsteller. Im Schlussgang glückte mir ein Sieg über Ruedi Suter.» Was aber neben dieser Erfolgsausbeute noch mehr zählte, war die mit fünf Kranzgewinnen stolze Bilanz an Eidgenössischen Schwingfesten. Leicht hätten es auch sechs Auszeichnungen sein können. «1961 in Zug fehlten mir 0,25 Punkte zum Kranz. Die Maximalnote statt 9,75 im letzten gewonnenen Gang und es hätte gereicht. Übrigens war ich damals noch Nichtkranzer. Den Status eines Kranzers erlangte ich erst ein Jahr später am St. Galler Kantonalen und jenen eines Eidgenossen 1964 in Aarau.» 1969 in Biel zählte Kobelt bereits zu den Hauptdarstellern. Fünf Siege, zwei Punkteteilungen gegen Peter Gasser und Alois Boog sowie die Niederlage gegen Ruedi Hunsperger bescherten ihm den 4. Platz.
Sternstunde 1974 in Schwyz
In nachhaltiger Erinnerung ist der starke, mit dem 2. Platz hinter Ruedi Hunsperger belohnte Auftritt am Eidgenössischen 1974 in Schwyz geblieben. Glanzstück war sein Sieg im letzten Gang über den amtierenden Schwingerkönig David Roschi. «Dabei kam mir entgegen, dass ich diesen Gegner vom Sieg über meinen Bruder Ruedi am ersten Tag her genau studierte. Meine gewählte Taktik ging auf.» Für den Rheintaler lag in diesem Fest gar noch mehr drin. «Wäre es Peter Steiger im siebten Gang gelungen, Fritz Uhlmann ein Remis abzutrotzen, hätte ich mich auf seine Kosten für den Schlussgang gegen Ruedi Hunsperger qualifiziert und gegen ihn habe ich immer eine gute Figur gemacht.» Aber noch nicht genug damit. Hätte der entscheidende Gang unentschieden geendet, hätte Kobelt sogar den Sieg geerbt. Bei der gegebenen Ausgangslage durfte allerdings nicht ein solches Resultat in Betracht gezogen werden.
Kobelt blieb dem Schwingsport als Kampfrichter an zwei Eidgenössischen, 1977 und 1980, TK-Chef in seinem Klub und gefragter Kursleiter auch als Funktionär erhalten. Langweilig wird es dem fünffachen Eidgenossen nie. Er hält sich bei ausgedehnten Velotouren und Langlauf fit und hat auf den schmalen Latten den Engadiner und 1999 sogar den Vasalauf in Finnland bestritten.
Autor: Karl Duss