Knieverletzung stoppte Karriere

22. Mai 2020 - 8:34

Während der wegen dem Coronavirus schwingfreien Zeit werden auf www.schlussgang.ch regelmässig Porträts von Schwingergrössen aus der Vergangenheit aufgeschaltet. Heute ist der Berner Oberländer Ruedi Klossner an der Reihe. Sein Porträt erschien im Jahr 2018. Stellvertretend für viele talentierte junge Schwinger, die dasselbe Schicksal erlitten, stellen wir heute den Diemtiger Rudolf Klossner vor. Mit seinem Einzug als 21-Jähriger in den Schlussgang des Brünig-Schwingets sorgte der technisch versierte Sennenschwinger für Furore.

Zum Schwingen kam der rüstige, immer noch geschäftlich aktive Rentner durch seinen Vater und seinen leider viel zu früh verstorbenen Bruder Hans. Rudolf Klossner bezeichnet es als grosses Glück, ein Mitglied der in den  sechziger und siebziger Jahren bekannten Schwingersektion Niedersimmental zu sein.

Mit den Brüdern David und Hans Roschi, Manfred Aellen, Armin Wiedmer und seinem Bruder Hans entstand innert kürzester Zeit eine schlagkräftige Truppe. «Wir pushten uns gegenseitig zu Höchstleistungen und verzichteten gänzlich auf Mentaltrainer oder selbsternannte Sachverständige. Vielmehr akzeptierten wir den Typ unserer Klubkameraden und versuchten uns taktisch auf die Schwingweise unserer Gegner einzustellen. Zudem haben wir schon zu meiner Aktivzeit alle Tage mindestens eine Trainingseinheit absolviert und mindestens zwei wöchentliche Schwingtrainings abgehalten.»

Brünig-Schwinget einzigartig
Seinen grössten Erfolg feierte Klossner am Brünig-Schwinget, den er noch heute als einzigartigen Anlass ansieht. Der seit über 100 Jahren stattfindende Zweikampf zwischen den Berner und Innerschweizern hat nichts von seiner Spannung verloren. Durch die Natur-arena und die räumliche Begrenztheit kann der an vielen Schwingfesten Einzug haltende Gigantismus an der historischen Stätte erst gar nicht aufleben.

Obwohl Klossner sein Vordringen in den Schlussgang des Brünig-Schwingets nicht als wichtig anschaut, erfüllt es ihn persönlich doch ein wenig mit Stolz, auf dem Brünig den Schlussgang bestritten zu haben. Dass sich dabei mit Robert Zingg und Remigi Niederberger gleich zwei hochdekorierte Gegner dem unbändigen Siegeswillen des jungen Diemtigers beugen mussten, zeigte das grosse Talent Klossners. Gegen seinen Schlussganggegner Peter Gasser hatte er jedoch das Nachsehen, dennoch wertet Klossner diesen Wettkampf als seinen grössten Erfolg.

Kreuzbandriss bedeutete Ende
Nach einem sportlich nicht optimal verlaufenen Eidgenössischen Schwingfest 1969 in Biel intensivierte Klossner sein Trainingsprogramm nochmals. Voller Zuversicht startete er in die Saison. Umso grösser war die Enttäuschung, als bereits an einem der ersten Feste ein Kreuzbandriss im Knie die hochgesteckten Ziele durchkreuzte. Obwohl die Verletzung operiert wurde, war an eine Rückkehr ins Sägemehl nicht mehr zu denken, zu gross waren die Beschwerden, die der Kreuzbandriss hinterlassen hatte.

Erst gut zehn Jahre später nach einer zweiten Operation war das Knie wieder einigermassen hergestellt. So endete eine hoffnungsvolle Karriere, bevor sie richtig begonnen hatte. Von nun an sah Klossner seine Aufgabe darin, seine Klubkameraden mit aller Kraft zu unterstützen. So verwundert es nicht, dass er den Königstitel seines Freundes David Roschi als das eindrücklichste schwingerische Erlebnis betrachtet.

Grosse Verbandstätigkeit
Nach dem verletzungsbedingten Rücktritt amtete Klossner in den verschiedensten Funktionen im Oberländischen Schwingerverband. Als Kampfrichter wurden seine fairen Entscheide neben verschiedenen Regional- und Gaufesten ebenfalls auf dem Brünig und am Berner Kantonalen in Anspruch genommen. Während Jahren nahm er Einsitz im Vorstand der Schwingersektion Niedersimmental. Dort bekleidete er fast sämtliche Ämter bis hin zum Klubpräsidenten. Neun Jahre war er im Vorstand des Oberländischen Schwingerverbandes tätig.

Noch heute unterstützt Klossner das Schwingen mit Rat und Tat und hat dabei eine wichtige Rolle an den neuen Erfolgen der Schwingersektion Niedersimmental. Dass er dabei jährlich im Minimum zehn Schwingfeste besucht, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.

Waches Auge in die Zukunft
In den Augen Klossners hat es der ESV verpasst, klare Regeln bezüglich des Sponsorings aufzustellen. Dies hat sicherlich damit zu tun, dass der Verband ja an den Einnahmen mitpartizipiert. Fortschritt muss auch im Schwingen toleriert werden. «Wir müssen mit der Zeit gehen, jedoch nur gezielt und wohlüberlegt. Gigantismus rächt sich irgendwann. Die Schwinger sollten nicht zu Heroen und Supermännern gezüchtet werden. Wichtig ist, dass wir die Traditionen und über Jahrzehnte gewachsenen typischen schwingerischen Begebenheiten nicht verlieren.»