Nicht nur schwingerisch, sondern auch im Berufsleben ist der Seeländer Sennenschwinger Dominik Roth vom Coronavirus betroffen. Im Sommer 2019 hat der 24-Jährige eine Ausbildung zum Fitness- und Bewegungstrainer gemacht und ist seither auch zu 40 Prozent auf diesem Beruf angestellt. Zum Zeitpunkt des Gesprächs war diese Arbeit ausgesetzt in Kurzarbeit. Seit gestern, 11. Mai, dürfen Fitnesscenter unter Einhaltung gewisser Sicherheitsmassnahmen wieder geöffnet haben. «Ich bin froh, kann ich dort wieder arbeiten. Das ist eine sehr gute Abwechslung zu meiner sonstigen beruflichen Tätigkeit.» Zu 60 Prozent arbeitet er zudem auf dem Bau. «In der Zeit des Lockdowns war dies sehr angenehm, hatte ich doch dort eine Beschäftigung.»
2019 mit gemischten Gefühlen
In diesen Tagen der ausserordentlichen Lage hatte Dominik Roth aber auch genügend Zeit, die vergangenen Monate aus schwingerischer Sicht zu reflektieren. 2018 riss er sich am Stoos-Schwinget das Kreuzband und musste sich auf die Saison 2019 wieder herankämpfen. «Dies gelang mir vom schwingerischen Gefühl her sehr gut. Ich bin zufrieden mit meinen Leistungen, die Resultate stimmten aber leider nicht immer mit dem Gezeigten überein», erklärt Dominik Roth. Vor dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Zug gewann er die Kränze am Brünig-Schwinget sowie an den Gauverbandsfesten im Seeland und Emmental. An nicht weniger als vier Kranzfesten, darunter Schwarzsee und Weissenstein, fehlte das berüchtigte Viertel zum Kranzgewinn.
Knapp am ESAF-Kranz vorbei
Beim Saisonhöhepunkt 2019 in Zug überzeugte der jüngere Bruder von Eidgenosse Philipp Roth mit einem starken Auftritt. Im zweiten Gang «zerstörte» er die Königsträume von Pirmin Reichmuth mit einem bei den Bernern viel umjubelten Gestellten. Im sechsten Gang besiegte er Eidgenosse Roger Rychen und im siebten Gang konnte er auch den Innerschweizer Mitfavoriten Christian Schuler mit einem Gestellten bremsen. Die Kranzchancen blieben intakt, zumal er im achten Gang gegen Steve Duplan als Favorit ins Duell stieg. Am Ende musste er allerdings dem Waadtländer den Vortritt lassen. «Nach dem achten Gang habe ich in der Garderobe zu mir gesagt, entweder setzt du jetzt den Kopf in den Sand oder fokussierst voll auf Pratteln 2022.»
Verarbeitung ist gelungen
Auf die Saison 2020 bereitete sich Dominik Roth in gewohnter Manier vor und hatte beim Hallenschwinget in Büren im Februar dieses Jahres schon wieder «ein gutes Notenblatt vorzuweisen», wie er es formuliert. «Es hat mir gezeigt, dass ich im Winter gut gearbeitet habe und der verpasste ESAF-Kranz in Zug nicht mehr nachhallt.» Diesbezüglich haben dem Seeländer sicherlich auch die beiden Spitzensport-WKs im Januar und im März in Magglingen sehr geholfen. «Sie zeigten mir, dass ich mit der Spitze mithalten kann.»
Ein wesentlicher Bereich in der Verarbeitung der vergangenen Geschehnisse sei auch der mentale Aspekt. «Ich schwinge seit 20 Jahren und kann gut einschätzen, was ich brauche und was nicht. Wenn ich Hilfe im mentalen Bereich benötige, habe ich gute Kontakte. Aber im Moment ist es bei mir nicht nötig.»
Kontakt per WhatsApp
Mit der wettkampf- und trainingsfreien Zeit kann Roth gut umgehen, aber er bedauert im Moment vor allem die fehlenden sozialen Kontakte. «Wir tauschen uns hauptsächlich per WhatsApp aus. Im Kantonalverband-Chat gab es zuletzt viele Motivationsvideos. Die helfen sicherlich, aber der Kontakt fehlt schon.» Zusätzlich bieten die Seeländer in der kommenden Zeit einmal pro Woche ein Training per Videochat an. «Das ist sicherlich für jene hilfreich, die im Moment Schwierigkeiten haben, sich zu motivieren.»
«Mal so, mal so», sagt Roth, als er vom SCHLUSSGANG auf seine Trainingsmotivation angesprochen wird. Es helfe, dass seine Freundin auch viel Sport betreibe. «In Stunden gerechnet trainiere ich aktuell vermutlich fast noch ein wenig intensiver als im Normalbetrieb. Das intensivere Training ist auch möglich, weil es durch das Fehlen des Schwingtrainings und der Wettkämpfe weniger Blessuren gibt.»
Schwingen im Herbst erwünscht
Mit Blick auf den Herbst würde sich Dominik Roth über den einen oder anderen Wettkampf freuen. «Ich weiss es nicht, ob viele Schwinger noch Lust auf Kranzfeste verspüren würden. Aber Regionalfeste machen auf jeden Fall Sinn. Es wäre eine Art Vorbereitung auf die Vorbereitung. Wenn es Einsatzmöglichkeiten gibt, würde ich diese nutzen.»
Die Vorbereitung auf das Jahr 2021 könnte für die Schwingerei im Allgemeinen und Dominik Roth im Speziellen speziell werden. Er findet auch die mögliche Variante von zwei eidgenössischen Anlässen innert kürzester Zeit interessant. «Es wäre natürlich toll, wenn ich an beiden Festen teilnehmen könnte.» Bisher hatte Roth ausserhalb vom ESAF am Unspunnen-Schwinget 2017 Luft an einem Anlass mit eidgenössischem Charakter schnuppern können. «Wenn die stetige Steigerung der letzten Monate anhält und ich verletzungsfrei bleibe, ist es sicherlich ein Ziel, in Appenzell und Kilchberg zu schwingen.»
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