Wenn das Gespräch auf das Eidgenössische 1995 in Chur kommt, blüht Emmanuel Crausaz auf, und seine Augen beginnen zu glänzen. «Ich hatte eine gute Saison zuvor und gehörte zu den Favoriten. Trotzdem war ich am Schluss überrascht vom zweiten Rang», sagt er im Rückblick auf seinen grössten sportlichen Erfolg. Die Standing Ovations auf der Südwestschweizer Tribüne nach seinem abschliessenden Sieg gegen Steve Anderhub bleiben für ihn unvergesslich.
Exzellenter Kurzzüger
Obwohl der Freiburger Blondschopf praktisch «nur» über einen exzellenten Kurz verfügte, war er von seinen Gegnern kaum zu bremsen. «Ich zog den Kurz in verschiedenen Varianten links und rechts», begründet er im Rückblick seine damalige Stärke. Crausaz war mit seiner Grösse von fast zwei Metern ein ausgesprochener Standschwinger. «Ich liebte die Bodenarbeit nicht.»
Das Schwingerpublikum liebte den grossgewachsenen, ja schlaksigen Freiburger wegen seines unermüdlichen Angriffsgeistes. Taktieren und sich auf einen gestellten Gang ausrichten gabs für ihn nicht.
Langsamer Aufstieg
Beim Nachwuchs gewann er erst mit 17 Jahren einen Wettkampf, weil er zuvor zu leicht war. Als er aus der Schule kam, wog er lediglich 75 kg. Erst während der Lehrzeit als Landwirt im Kanton Bern legte er an Gewicht und damit auch an Durchschlagskraft im Sägemehl zu.
Noch vor seinem 18. Geburtstag feierte er die ersten drei Kranzgewinne. Mit Kurt Schwab als Trainer gings nun stetig aufwärts.
Kranzgewinn 1992 in Olten
Nach dem Gewinn des Südwestschweizerischen 1992 war er reif für den ersten eidgenössischen Kranz. In Olten bewerkstelligte er dies mit einem spektakulären Sieg im siebten Gang gegen Schwingerkönig «Harry» Knüsel. Drei Jahre zuvor war er im achten Gang noch gegen den Berner Thomas Übersax gescheitert. Drei Jahre nach Olten folgte die eingangs erwähnte Spitzenklassierung in Chur.
1998 fehlte in Bern das Schlachtenglück. Emmanuel Crausaz befand sich nach sechs Gängen mit vier Siegen auf Kurs Richtung drittes eidgenössisches Eichenlaub. Dann scheiterte er aber am zähen Beat Christen. Der Berner widerstand allen Kurzangriffen und konterte in der Schlussphase entscheidend. Im achten Gang traf der Freiburger auf den 20-jährigen Arnold Forrer, gegen den er nach offenem Kampf verlor. So fehlte am Schluss ein Viertelpunkt für den Gang vor die Ehrendamen.
Früher Rücktritt
1999 gab Crausaz mit 29 Jahren seinen Rücktritt. Nach Abschluss der Meisterschule als Landwirt übernahm er den elterlichen Hof und liess sich in den Gemeinderat von Châbles wählen. «Zusammen mit der jungen Familie war dies zu viel», erklärt er seine damalige Situation. «Ich hatte aber eine gute Karriere und bedaure nichts.» Nebst zwei eidgenössischen Kränzen ragen sieben Kranzfestsiege heraus, darunter auch ein Erfolg am Schwarzsee 1994. Das eigene Teilverbandsfest gewann er zweimal.
Weiter im Einsatz fürs Schwingen
Der Meisterlandwirt kehrte dem Sägemehlsport nicht lange den Rücken. Schon bald trat er beim Schwingklub Estavayer in den Vorstand ein. Sukzessive übernahm er auch Funktionen im Kantonal- und Teilverband. Aktuell ist er Freiburger Kantonalpräsident und Kampfrichterausbildner der Südwestschweiz.
Massgeblich beeinflusste er, dass 2012 die Wahl des Durchführungsortes fürs Eidgenössische 2016 auf Estavayer-le-Lac fiel. Er war eine treibende Kraft im Bewerbungskomitee. Nur logisch, dass er auch Präsident des Trägervereins ist. Nicht ohne Nebengeräusche verlief sein Austritt als Vizepräsident aus dem OK im Frühjahr 2015. Emmanuel Crausaz machte eine zu grosse Belastung geltend.
Tanz auf vielen Hochzeiten
Tatsächlich ist der zweifache Eidgenössische vielbeschäftigt. Nebst seinen Schwingerämtern leitet er einen Landwirtschaftsbetrieb und zwei industrielle Unternehmen. Dazu betreut er die beiden Schwinger Marc Gottofrey und Marc Guisolan. «Ich bin ein Kämpfer und brauche immer wieder neue Herausforderungen», sagt er zu seinem Leben.